Gaming ist hierzulande längst kein Nischenmarkt mehr: Immer mehr Deutsche spielen zumindest gelegentlich und der durchschnittliche Spieler wird immer älter. Diese Entwicklungen bieten dem Fachhandel gerade zum Jahresendgeschäft beste Chancen, sofern er sie zu nutzen weiß.
Rund 34,1 Millionen Menschen in Deutschland spielen Computer- und Videospiele, das sind 46 Prozent der Bevölkerung. Der typische Gamer ist schon lange kein männlicher Jugendlicher mehr. Die deutsche Spielerlandschaft besteht fast zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen und ihr Durchschnittsalter liegt bei 35,5 Jahren. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 lag das durchschnittliche Alter noch bei 31 Jahren. Laut vom BIU (Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware) veröffentlichten GfK-Daten legt die Spielergemeinde vor allen Dingen im Alter 50+ kräftig zu. Innerhalb von nur zwölf Monaten wuchs diese Gruppe um eine halbe Million auf 8,7 Millionen Menschen an. Mit der Verschiebung des Alters ändern sich auch die Möglichkeiten: Immer mehr Spieler verfügen über die finanziellen Mittel, sich ihr Hobby etwas kosten zu lassen. Der Fachhandel sollte deshalb nicht nur die so genannten Hardcore-Gamer im Blick behalten, sondern darüber hinaus auch gezielt die vergleichsweise neuen Zielgruppen adressieren.
Den typischen Gamer gibt es nicht. Die Palette beginnt bei den zahlreichen Casual-Playern, die auf dem Tablet, Notebook oder Smartphone einfache Spiele zu ihrem Zeitvertreib daddeln und reicht bis zu hoch ambitionierten Spielern. Ob für Simulation, Shooter, Adventure oder ein anderes Genre: Diese Gamer setzen auf die bestmögliche Ausstattung. Auch eSport wird ein immer wichtiger Markt. Bei dieser Form der elektronischen Games treten Gamer im Wettbewerb gegeneinander an. „eSports und eSports-Spiele zählen eindeutig zu den Trends der Branche. Sogar Fußballbundesliga-Vereine gründen eSports-Abteilungen“, sagt Martin Schmuderer, Head of Business Unit Asus, Lenovo. Vor kurzem fand sogar ein eSports-Turnier in VR statt. Die Fans von eSports sind in der Regel bereit, kräftig in Equipment zu investieren.
Die Chancen auf gute Umsätze mit Gaming-Produkten stehen gut: „Starke Impulse für das Jahresendgeschäft gab es auch in diesem Jahr wieder auf den bekannten, ausschlaggebenden Messen. CES, Computex, Gamescom, aber auch die IFA in Berlin deuteten mit den dort ausgestellten Produkten auf den stetig wachsenden Gaming-Bereich hin“, sagt Jörg Römer, Head of BU E-Business/FF/Vendor Self Service. Er geht davon aus, dass es in diesem breiten Segment auch im Jahresendgeschäft signifikanten Zuwachs geben wird.
Leistungsorientierte Käufer
Getrieben wird dieser Umsatz vor allem von den leistungsorientierten Kunden. Begehrt sind beispielsweise Komplettsysteme, die speziell auf die Bedürfnisse von Gamern zugeschnitten sind. Diese Systeme bieten den Vorteil, dass sich der Kunde ein sehr leistungsstarkes Gesamtpaket einfach kaufen kann, ohne sich detailliert mit den einzelnen Komponenten auseinandersetzen zu müssen. Für den Handel eröffnen sich hier exzellente Umsatzchancen, wenn es gelingt, die Kunden gut und umfassend zu beraten.
Auch der wachsende Kundenwunsch nach Mobilität befeuert das Gaming-Geschäft. So müssen sich Kunden heute nicht mehr zwischen Leistung und Mobilität entscheiden. Immer mehr Hersteller haben den Bedarf erkannt und bieten mobile Gaming-Rechner an. „Gerade in diesem Bereich lohnt es sich für den Fachhandel, sein Portfolio mit Gaming-Notebooks zu erweitern“ so Martin Schmuderer. Denn die Geräte trumpfen nicht nur mit hervorragenden Leistungswerten auf, sondern bieten zudem auch gute Margen für den Channel.
Interessante Marktentwicklung
„Im Gaming-Markt sehen wir aktuell einen interessanten Trend“, sagt Heinrich Voth, Team Leader Acer und meint damit eine Teilung des Marktes in Einsteiger und Highend-Bereich. „Die Kunden sind entweder sehr preissensitiv und suchen eine günstige Lösung oder sie sind bereit, kräftig in die Leistung eines Gaming-Systems zu investieren.“ Während Highend-Geräte früher im Bereich um die 1.200 Euro angesiedelt waren, sind heute Versionen zwischen 2.000 und 3.000 Euro keine Seltenheit mehr. Der Bereich der Midrange-Rechner hingegen werde immer schwächer. Für den Fachhandel lohnt es sich daher, sich auf diese beiden Segmente zu fokussieren.
Komponenten weiterhin wichtig
Nicht nur durch die wachsende Fan-Gemeinde des eSports sondern auch durch andere ambitionierte Spieler kommt dem Komponenten-Bereich nach wie vor eine entscheidende Rolle zu. Denn wer in einer bestimmten Gaming-Klasse mitspielen will, benötigt dazu eine Highend-Ausrüstung. Gerade die besonders ambitionierten Spieler setzen hier oft nach wie vor auf ein System mit Komponenten nach ihren eigenen Vorstellungen. Dazu zählt in jedem Fall eine leistungsstarke CPU als Herz des Gaming-Rechners. Auch Grafikkarten gehören nach wie vor zu den Topsellern. „Mit den Komponenten lassen sich im Gaming-Umfeld deutlich höhere Durchschnittspreise erzielen als sonst üblich“, sagt Felix Böving, Head of Business Unit Storage. Gleiches gilt auch für den Arbeitsspeicher, den es auch in für das Gaming optimierten Varianten gibt.
Auch die Bedeutung von SSDs in diesem Segment steigt, geht es den ambitionierten Kunden doch vor allem darum, höchste Performance mit ihrem System zu erzielen, um dem Spielegegner das entscheidende Quäntchen an Leistung voraus zu sein. So macht eine SSD zwar das Spiel selbst nicht schneller (nicht mehr FPS, Frames per Second), aber die Ladezeiten verkürzen sich. Dadurch lässt sich der Spielfluss deutlich verbessern. Nach wie vor setzen einige Gamer auf ihr selbst zusammengebautes System, das sie nach ihren eigenen Vorstellungen bestücken. Viele Hersteller setzen Akzente in diesem Bereich und bieten Komponenten an, die den hohen Ansprüchen ambitionierter Gamer gerecht werden. Fachhändler können hier besonders punkten, indem sie ihre Kunden fachkundig beraten oder sogar deren Wunschsystem direkt für sie assemblieren.
Mit Zubehör in neue Leistungsklassen
Mit speziellen Gaming-Mäusen und Tastaturen lässt sich die Spieleschnelligkeit noch weiter tunen. Hier gibt es Geräte, die nicht nur ein Plus an Leistung und Performance für die Gamer bieten, sondern häufig auch mit einer besonderen Optik auftrumpfen. Auch für Gamer optimierte Headsets bieten Händlern gute Möglichkeiten für ein Zusatzgeschäft. Damit das Geschäft rund um Komponenten und Zubehör erfolgreich ist, müssen jedoch die Rahmenbedingungen stimmen. „Fachhändler sollten sich dazu eine Strategie zurechtlegen“, sagt Felix Böving. Es gelte zu demonstrieren, dass der Kunde mit diesen Komponenten in eine ganz neue Liga von Computing eintrete. „Das können Sie Ihren Kunden zum Beispiel zeigen, indem Sie vor Ort ein Gaming-System aufbauen und es gegen einen herkömmlichen PC ‚antreten’ lassen“, so Böving.
Durchblick im Jahresendgeschäft
Für ein ungetrübtes Spieleerlebnis ist auch das passende Display entscheidend. „Im Jahresendgeschäft – bezogen auf den Gamingpart – liegt der Fokus im Display-Bereich auf 24 Zoll und 27 Zoll mit sehr kurzer Reaktionszeit“, so Christoph Spahn, Head of Business Unit Digital Signage, Visuals. Punktuell sei auch das Thema Curved interessant. „Aufgrund einer guten Preisstruktur haben unsere Partner hier auch die Möglichkeit Margen zu generieren“, fügt Christoph Spahn hinzu. Im Bereich eSports spielen derzeit neben HDR (High Dynamic Range), hohe Hertzzahlen (Bildwiederholungsfrequenz), eine hohe Auflösung sowie hohe Farbtreue (QLED) eine wichtige Rolle.
VR-Standortvorteil nutzen
Durch das gestiegene Interesse im Gaming-Sektor sind auch neue Technologien wie Virtual Reality stärker ins Bewusstsein der Kunden gerückt. Auch in diesem Bereich kann es sich für Händler vor Ort durchaus auszahlen, ihren Standortvorteil voll auszuspielen. Wenn Kunden die Systeme in Ruhe ausprobieren können und entsprechend beraten werden, sind sie sicherlich eher zum Kauf bereit.
Vernetzt denken
Auch über das Jahresendgeschäft hinaus gilt: Wer im Gaming-Segment dauerhaft Erfolg haben will, muss nach rechts und links schauen und aktuelle Trends aufgreifen. Denn nur so ist es möglich, Kunden kompetent zu beraten und in diesem schnelllebigen Business kontinuierlich am Puls des Geschehens zu bleiben.