Mensch 4.0 –
Hand her, Spritze rein, Chip drin. So einfach läuft die Implantation eines RFID-NFC-Mikrochips, der einem buchstäblich Türen öffnet. Der amerikanische „micro market“-Hersteller Three Square Market (32M) machte kürzlich Schlagzeilen, weil er seinen Mitarbeitern – natürlich nur denen, die einverstanden waren – besagte Chips hat einsetzen lassen. Warum? Zum einen, um die Entwicklung des Unternehmens voranzutreiben und zum anderen um die praktischen Funktionen zu nutzen. Konkret bedeutet das: gechippte Mitarbeiter können im Unternehmen nun bargeldlos zahlen, Türen öffnen, Kopierer bedienen und sich in Computer einloggen, indem sie einfach nur ihre Hand vor das entsprechende Lesegerät halten.
Next Level: Internet of Us
Hersteller der reiskorngroßen Chips ist das schwedische Unternehmen Biohax International. Dessen Mission: Die Digitalisierung auf das nächste Level zu bringen und jedem zu einem „nahtlosen“ Lifestyle mit „nahtloser“ Konnektivität zu verhelfen. Wenn es nach Biohax International geht, sollte jeder ein Teil der revolutionären Reise und des hyper-technischen Fortschrittes werden, um die Brücke zwischen IoT und Internet of Us (IoU) auszubauen.
Doch kann uns diese Technologie, die unter die Haut geht und uns zu Cyborgs macht, auch im privaten Alltag Vorteile bringen? Klar, die von 32M erprobten Funktionen lassen sich auch auf den Privatgebrauch übertragen – Haustür öffnen, ohne nach dem Schlüssel zu suchen, Geräte an- und ausschalten und vieles mehr. Doch diese Dinge beschränken sich auf unser Smart Home – sofern wir eines haben oder nachrüsten wollen. Das Cyborg-Leben ist für Otto Normalverbraucher mit Aufwand verbunden.
Lesen Sie hier einen vielsagenden Selbstversuchs-Bericht von PULS, einem Kanal des Bayerischen Rundfunks, von vor zwei Jahren.
Über 2.000 Cyborgs in Schweden
In Schweden haben Chip-Implantate bereits ein viel weitläufigeres Einsatzgebiet im Privatleben. Schon vor gut zwei Jahren startete der Cyborg-Hype bei einem schwedischen Unternehmen, das genau wie 32M seine Mitarbeiter mit Chips ausstattete. Danach folgten recht schnell auch Fitnessstudios oder Waschsalons, die auf den Chip-Zug aufsprangen und ihren Kunden seitdem per Chip Zugang gewähren oder sie bezahlen lassen. Doch das ist längst nicht alles: Seit diesem Sommer testet Schwedens Bahn SJ die Implantate als Ticket-Ersatz! Für umgerechnet 150 Euro können Reisende sich dank Chip-Implantat die Fahrkarte im Zug von der Hand ablesen lassen. Alles, was zusätzlich benötigt wird, ist die SJ-App. Das Smartphone sendet die Bahnkartennummer an den Chip, sodass das Lesegerät des Kontrolleurs sie auslesen kann. Bisher sind die Resonanzen der gechippten Bahnfahrer positiv und das Interesse steigt stetig. Wo hierzulande jedoch längst Bedenken zum Datenschutz laut würden, sind die Schweden recht unempfindlich. Eine mögliche Erklärung für die geringen Bedenken, was die verhältnismäßig junge Technologie betrifft: Im Land von Ikea und Köttbullar ist es ganz normal, dass Einkommensauskünfte, Vorstrafenregister oder Adressen inklusive Handynummern im Internet abrufbar sind.
Der Biohacking-Trend: brillant oder bedenklich?
Chip-Implantate sind ein Weg, die Menschheit zu optimieren, beziehungsweise ihr das Leben zu erleichtern. Genau das ist auch das Prinzip von Biohacking – Dinge optimieren und verändern. Das Thema reicht von simplen Maßnahmen wie „Power-Posing“, wobei eine selbstbewusste Körpersprache einem tatsächlich zu mehr Selbstbewusstsein verhilft, bis zu gentechnischen Veränderungen von Lebewesen. Letztere Experimente sind in Deutschland nicht erlaubt, in den USA allerdings schon. Dort ist die Gen-Bastelei Hobby vieler Studenten. In Garagen und Wohnzimmern wird geforscht und manipuliert. Das kann unter Umständen gefährlich werden, denn manches entwickelt sich schneller, als es zu kontrollieren ist. Deshalb werden Hobby-Genetiker schon seit Jahren vom US-Geheimdienst beobachtet.
In Deutschland sind es weniger brisante Projekte, an denen Biohacker in ihren Heimlaboren arbeiten.
Eine Sammlung interessanter aktueller Cyborg-Biohacks, welche die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwimmen lassen, finden Sie hier. Darunter zum Beispiel eine Entwicklung, die es Menschen mit Achromatopsie (Farbenblindheit) ermöglicht, Farben zu hören oder unter der Haut leuchtende Biolumineszenz-Implantate, die Tattoos in Szene setzen.