Vom Food-Print bis zum Hüftgelenk: Die Möglichkeiten von 3D-Druck erscheinen heute unerschöpflich. Tatsächlich gibt es zahllose Einsatzmöglichkeiten für die Technologie und auch Marktforscher prognostizieren ihr eine rosige Zukunft.
Der Markt für 3D-Drucker nimmt deutlich an Fahrt auf. Laut einer aktuellen Untersuchung des Marktforschungsinstituts Context werden die weltweiten Verkäufe von 3D-Druckern in den kommenden fünf Jahren deutlich ansteigen. Positive Impulse gehen unter anderem auch von der steigenden Nachfrage nach den Geräten für den privaten und SMB-Markt aus. Auch im pädagogischen Bereich kommen immer häufiger 3D-Drucker zum Einsatz.
Die auch als Additive Manufacturing (AM) bezeichnete Technologie von 3D-Druckern nutzt so genannte additive Verfahren. Das zu druckende Objekt wird also nicht aus einem Materialklotz herausgeschält, sondern Schicht für Schicht aufgebaut. Vor dem Druck wird das Produkt in einem Datensatz als virtuelles 3D-Modell beschrieben. Auf Grundlage dieses Modells wird dann das räumliche Objekt gebildet. Beim Druck dieser Datei kommt häufig flüssiger Kunststoff zum Einsatz. Aber auch Keramik, Metall oder Glas und weitere Materialien sind verwertbar. Forscher arbeiten zudem bereits erfolgreich an Biomaterialien, um zum Beispiel Knorpel- und Muskelgewebe für den Einsatz im menschlichen Körper zu entwickeln.
Solche Einsatzmöglichkeiten hatte der Erfinder Chuck Hull sicherlich noch nicht im Sinn, als er im Jahr 1983 die Idee hatte, flüssigen Kunststoff durch UV-Strahlung zu verfestigen. Ein Jahr später ließ sich der spätere Gründer des Unternehmens 3D-Systems ein entsprechendes Verfahren zum Erstellen von 3D-Objekten patentieren.
Bis der 3D-Druck die Massen erreichte, sollte es aber noch Jahre dauern. Zunächst kam das Verfahren in vielen Unternehmen der Automobil- und Luftfahrtindustrie, im Prototyping und in der Produktion zum Einsatz. Die entsprechenden Systeme waren so teuer, dass an einen breitflächigen Einsatz nicht zu denken war. Heute ist das anders. Systeme gibt es nicht nur im hochpreisigen Segment, sondern in nahezu jeder Preisklasse. Das macht die Geräte auch für kleine und mittelständische Betriebe sowie Privatanwender interessant.
Gute Ideen einfach realisierbar
Obwohl die Technologie nicht mehr ganz neu ist, sind Erzeugnisse aus dem 3D-Drucker echte Hingucker. Genau das machen sich immer mehr Firmen zunutze. Hersteller von Handtaschen oder Smartphone-Hüllen etwa haben mit Hilfe von 3D-Druck mittlerweile fast unbegrenzte Umsetzungsmöglichkeiten für Ihre Ideen oder die Wünsche ihrer Kunden. Die Produkte werden einfach via 3D-Druck erstellt – wahlweise als Unikat oder in Kleinserie. Auch die Beschaffung von Ersatzteilen beispielsweise für die defekte Kaffeemaschine oder das Möbelstück im Bad dürfte künftig wohl keine lange Such- oder Wartezeit mehr erfordern. Sie kommen – exakt nach Plan und somit genau passend – aus dem 3D-Drucker.
Vor allem Berufsgruppen wie Architekten und Agenturen wissen die innovativen Möglichkeiten durch 3D-Druck zu schätzen und erstellen zum Beispiel Modelle nach diesem Verfahren.
Vielseitige Möglichkeiten bietet 3D-Druck auch im Bildungsbereich. Anhand von Modellen aus dem 3D-Drucker lässt sich Wissen besonders anschaulich vermitteln. Zudem fällt auch die Einbindung der Lernenden, beispielsweise bei Projekten, leichter.
Zu Hause kreativ sein? Dank erschwinglichen 3D-Druckern kann heute fast jeder zum Hersteller seiner eigenen Landschaft für die Miniatur-Eisenbahn werden oder individuell gestaltete Figuren für sein Schachspiel ausdrucken. Fast als sicher gilt, dass das Interesse von Privatkunden an der Technologie künftig noch weiter steigen wird. Experten sind darüber hinaus davon überzeugt, dass auch Gamer vom 3D-Druck-Trend profitieren können. Denkbar wäre zum Beispiel, eigene Gaming-Figuren oder auch Fanartikel zu erstellen.
Vom Food-Print bis zum Hüftgelenk
Ausgeschöpft ist das Potenzial von 3D-Druck noch lange nicht. Das veranschaulicht unter anderem der Trend Food Printing. Nahrung wird via 3D-Druck einfach so gestaltet, dass sie besonders ansprechend wirkt. Das Unternehmen Barilla experimentiert bereits seit einigen Jahren mit 3D-Druckern. So könnten Kunden vielleicht schon bald ihre ganz individuell gestalteten Teigwaren einfach ausdrucken lassen.
Im Bereich der Herstellung von Süßwaren lassen sich schon jetzt Süßigkeiten ganz nach den eigenen Vorstellungen kreieren. Interessant könnte der 3D-Druck allerdings vor allem für die Zukunft sein. Vielleicht erhalten wir zukünftig in unserem Supermarkt appetitlich aussehende Fleischwaren, die zwar wie Rindersteak aussehen, aber zu 100 Prozent aus Insekten gefertigt sind?
Große Hoffnungen in den 3D-Druck setzt nicht zuletzt die Medizin. Schon heute können exakt passende Prothesen oder Zahnfüllungen via 3D-Druck hergestellt werden. Auch Prothesen aus Silikon lassen sich via 3D-Drucker fast schon lebensecht gestalten. Und ein neues Hüftgelenk könnte schon bald standardmäßig aus dem Drucker kommen: Nach einer Vermessung des Patienten lässt sich eine speziell auf seine Bedürfnisse angefertigte Prothese erstellen. Organe aus dem Drucker? Auch das halten Wissenschaftler zumindest langfristig für denkbar und forschen mit Hochdruck in diesem Bereich.
Breitere Verfügbarkeit befeuert 3D-Druck
Herr Dratz, ist 3D-Druck ein spannendes Thema für den Fachhandel?
Hochspannend. Die Einsatzmöglichkeiten von 3D-Druck sind heute nahezu unbegrenzt. Gleichzeitig steigt die Verfügbarkeit von Geräten. Sie haben zudem ein Preissegment erreicht, in dem sie für eine wesentlich größere Kundengruppe interessant sind. Das macht dieses vergleichsweise neue Segment zu einem lukrativen Geschäft für den Fachhandel.
Aus welchen Bereichen kommen die Kunden für den 3D-Druck?
In der produzierenden Industrie spielt das Thema 3D-Druck bereits seit 30 Jahren eine Rolle. Das ist auch immer noch der Fall. Das Feld hat sich allerdings deutlich erweitert. Heute kommen die Geräte vermehrt auch im klassischen SMB zum Einsatz. So setzen Consultants, Architekten und Marketingspezialisten den 3D-Druck heute ein, um Projekte und Ideen zu visualisieren und für die Kunden „greifbar“ zu machen. Außerdem beobachten wir schon seit Längerem die Entstehung von 3D-Druck-Points, in denen Kunden via 3D-Druckverfahren lebensecht wirkende Miniaturfiguren ihrer selbst erstellen lassen können. Auch kleine Firmen, wie Hersteller von Schmuck oder Taschen, setzen die Technologie bereits erfolgreich ein. Nicht zuletzt eröffnet sich auch im Privatkundensegment ein interessanter Markt, denn immer mehr Anwender nutzen die Technologie auch zu Hause.
Wo geht die Reise in diesem Segment hin?
Momentan beobachten wir eine starke Aufbruchstimmung. 3D-Druck ist quasi allgegenwärtig. Trotzdem steht das Segment gerade in vertikalen Märkten und bei Privatkunden noch ganz am Anfang. So bedarf es beispielsweise der Zertifizierung von Consumer-Geräten für Bereiche wie Health Care oder Education. Auch die Frage der Produkthaftung wird uns noch beschäftigen. Damit meine ich natürlich nicht das Modell aus dem Architekturbüro, die Ohrringe des Schmuckdesigners oder die Bäume für die heimische Modelleisenbahn. Ein extremes Gedankenexperiment: Was passiert, wenn jemand zu Hause am 3D-Drucker seine Bremsbeläge ausdruckt und nutzt? Wer haftet dann bei einem Unfall? Was ich sagen möchte: In Bezug auf die rechtliche Situation sind im Segment 3D-Druck sicherlich noch einige Fragen ungeklärt. Es bleibt auf alle Fälle sehr spannend.